in der Haller Burg Hasegg (Münzerturm)
Vor 15 Jahren entstand das Reimmichlmuseum als Abteilung des Stadtmuseums Hall in der Burg Hasegg („Münzerturm“). Msgr. Sebastian Rieger (1867–1953), Reimmichl genannt, lebte und wirkte von 1916 bis 1953 in Hall-Heiligkreuz und ist Ehrenbürger von Hall. Weit über Stadt und Land hinaus bekannt, sollte mit dieser Abteilung diese bedeutende Tiroler Persönlichkeit gewürdigt werden. Die Abteilung wurde unter dem verdienstvollen Bürgermeister Josef Posch († 1997) eingerichtet und von seinem Nachfolger Leo Vonmetz und hilfsbereiten Mitarbeitern aus dem Stadtamt weiterhin gefördert. In welcher Form es auch in Zukunft weiterbestehen wird, hängt vom neuen Kultur- und Museumskonzept ab, das sich die Stadt Hall nun geben will. Entsprechende Vorschläge unterbreitete bereits Dr. Walter W. Sackl, Altkalendermann und „Kustos“ der Reimmichlabteilung.
Bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts erschienen in Tirol Zeitungen nur für ein gebildetes Publikum in Innsbruck, Brixen und Bozen. Erst durch den „Tiroler Volksboten“, dessen Leitung Reimmichl 1892 übernahm, wurde auch die Landbevölkerung erreicht. Mit seiner Art zu schreiben eroberte Reimmichl sofort Herz und Verstand der Menschen. Reimmichl lehrte also die Landbevölkerung das Lesen, er war ein wirkmächtiger Volksbildner, wie es vor und nach ihm keinen mehr in Tirol gab. Als Priester lebte er treu seinen katholischen Glauben. Religion gehörte für ihn zum Wesen des Menschen. Der Glaube war ihm Richtschnur für sein soziales Handeln: Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan; folglich stand er immer auf Seite der kleinen Leute und mahnte die Verantwortung der Wohlhabenden ein.
Reimmichl war politisch engagiert, da er wusste, dass notwendige gesellschaftliche Änderungen nur gemeinsam erreicht werden können. Die Erhaltung eines lebensfähigen Bauernstandes war ihm ein großes Anliegen. Dabei stellte er nicht den Kampf in den Mittelpunkt, sondern den Interessensausgleich, die Versöhnung. Dass diese Haltung ihn aber nicht vor Antijudaismus und Antisemitismus bewahrte, zeigt, dass auch wohlmeinende und friedliebende Menschen nicht vor schrecklichen Irrwegen gefeit sind.
Reimmichl war ein begeisterter Tiroler. Neben der Religion war Tirol – auch wenn es pathetisch klingen mag – die große Liebe seines Lebens. Das Lied aus dem Roman „Der Fahnlbua“ (Reimmichlkalender 2003, Seite 87) wurde innerhalb kürzester Zeit zur heimlichen Tiroler Landeshymne: „Tirol isch lei oans …“.
Alle diese Aspekte finden sich im Reimmichlmuseum wieder. In drei Räumen wird vom Leben und Schaffen Reimmichls berichtet, wobei Msgr. Sebastian Rieger als Erzähler und Kalendermann im Mittelpunkt steht. Im Foyer zeigen Schautafeln die einzelnen Lebensstationen Reimmichls. Der erste Schauraum erzählt in Bildern und Dokumenten von Reimmichls Herkunft, von seinem Leben als Priester und Volksschriftsteller. Fotos und Porträts zeigen, wie Künstler Reimmichl gesehen haben.
Hier finden sich auch alle Romane, in denen er den Menschen Unterhaltung und – dem Trend der damaligen Zeit entsprechend – auch Belehrung bot. Aus Reimmichls Feder stammen mehr als 200 Kurzgeschichten und Romane. Insgesamt hat Reimmichl für vier (!) Generationen geschrieben! „Ich habe im Lande Tirol“, schreibt Reimmichl in seinem letzten „Grüss Gott!“ für den Kalender 1954, „vier Menschengeschlechter erlebt, nämlich die Jetztlebenden, ihre Eltern, ihre Großeltern und ihre Urgroßeltern. Ja, wirklich und wahrhaftig, ich habe Eure Urgroßeltern noch gekannt, das heißt, viele Menschen aus der damaligen Zeit, habe mit ihnen verkehrt und gearbeitet und war mit ihnen in Freundschaft verbunden. Für diese Generation Eurer Urgroßväter habe ich meine ersten Geschichten geschrieben, die allererste mit dem Titel „Der Rotkropf “ (neu erschienen im Reimmichlkalender 2003, Seite 129). Das war im Jahre 1894.“
Im ersten Schauraum sind die deutschsprachigen Romane und einige handgeschriebene Manuskripte für Reimmichlbücher und für den Reimmichlkalender – Reimmichl schrieb seine Geschichten oder Anweisungen an den Verlag bzw. die Druckerei nur mit Bleistift oder Feder. Man kann die Entwicklung des Kalenderumschlags anhand mehrerer Entwürfe von seinem Freund J. Bachlechner nachvollziehen. Reimmichlbücher und -kalender wurden und werden auf der ganzen Welt gelesen. Ausgestellte Exemplare fremdsprachiger Buchausgaben legen Zeugnis von der breiten Bekanntheit Reimmichls ab. Der zweite Raum ist dem Reimmichlkalender gewidmet. Alle Kalenderjahrgänge, die seit 1920 erschienen sind, finden sich hier versammelt, darunter auch Sonderausgaben. Der dritte Raum dient als Archiv, Arbeits- und Besprechungszimmer für Interessierte wie z. B. Diplomanden oder Dissertanten, die sich mit Reimmichl als Volksschriftsteller beschäftigen.